Dieses "Gebrauchsmesser" ist das erste Puzzleteil für unsere gehobene Ministerialen Darstellung. Aus nachvollziehbaren Günden können bei der gehobenen Ministarialen Darstellung nicht unsere einfachen Gebrauchsmesser verwendet werden, so dass zumindest ein passendes neues Messer her musste.
Die Klinge haben wir schon vor einigen Jahren von einem regionalen Schmied erhalten, der uns diese Klinge aus einem Rennofenstahl gefertigt hat. Da es sich dabei um einen nicht rostfreien Monostahl handelt, ist die Klinge so gut zu schärfen, dass eine Rasur damit möglich ist / war. Die Klinge folgt dabei zeitgenössischen Abbildungen und Funden und ist dem städtischen / herrschaftlichen Lebensraum zuzuordnen.[1] Die Klinge ist am Rücken 8,7 cm lang und 2 mm stark, die Breite der Klinge besträgt bis zu 2,7 cm, die Gesamtlänge beträgt 20,7 cm.
Der Griff wurde in Plättchenbauweise gefertigt. Verschieden starke Messingplättchen, folgen einem Griffholz aus Buchsbaum[2] und einer Kombination von Messing- und Rinderknochen Platten. Die aus der Klinge auslaufende Angel ist komplett durch den Griff / die Griffplättchen geschoben und wurde am Ende des Griffs langsam und kalt vernietet.
Bei dem Vorgänger dieses Messers habe ich den Fehler gemacht die Angel heiß und mit wenigen harten Schlägen zu vernieten. Dabei hat sich die Angel verzogen und die Plättchen wurden von innen durch die hohen Temperaturen teils versenkt.
Der Griff wurde fein ausgefeilt, mit Schachtelhalm poliert und anschließend mit Kamelienöl eingelassen. Normalerweise verwende ich bei Holzteilen zwar Leinöl, der Nachteil bei Leinöl ist jedoch, dass das Öl ausharzt. Wie auch schon beim Vernieten des Vormodells, habe ich auch beim Einlassen einen Fehler gemacht - ich verwendete hierzu Leinöl. Die Folge war, dass die Lederstücke zwischen den Messing-, Knochen- und Baumplatten / -stücken mit der Zeit so hart wurden, dass ich mit leichtem Drehen die gesammten Platten / den gesamten Griff verdrehen konnte und von einer abdichtenden Wirkung nichts mehr zu sehen war.
Wie auch der Griff, stammt die Messerscheide aus eigener Fertigung. Da ja das Gesamtprodukt den gehobenen Stand des Trägers wiederspiegeln sollte, durfte auch die Messerscheide reichhaltig verziehrt werden.
Ich entschied mich dazu das im Hochmittelalter weit verbreitete Lilienthema [3,4] aufzugreifen und zudem noch durch Ösen gezogene Lederstreifen anzubringen.
Inspiriert haben mich die Lederfunde aus Schleswig Schild (Schnack, Abb. 13.1, 14.1 - 14.7[3]) und London (Cowgill, u.a., Abb. 443[4]). In beiden Fundkomplexen wurden verschiedene, zum Teil sehr gut erhaltene, Überreste von Lederscheiden mit entsprechender Verzierung gefunden. Bzgl. des schleswiger Fundkomplexes sind lediglich Messerscheiden der Gruppe 4 mit Stempelmuster geprägt und kommen, gemessen am Gesamtfundkomplex augenscheinlich in sehr geringen Anzahlen vor. Überwiegend spiegelt die Fundlage in Schleswg wieder, dass vornehmlich einfache und Messerscheiden mit verschiedenen Verziehrungen aus Leder verwendet wurden. Auch hier ist natürlich wie immer vorsicht geboten, da die Fundlage meiner Meinung nicht tatsächlich Aufschlüsse über den Alltagsgebrauch zulässt.
Intesesant ist, dass die Lilienmotive eigentlich immer gleich aufgebaut sind, unerheblich davon, ob die Funde aus London oder Schleswig stammen. Sie bestehen aus einer vertikalen und horizontalen Hauptachse (umgedrehtes Kreuz) und je einem sich nach außen wölbenden Seitlichen Flügel / Strich, wobei, anders als in späteren Jahrhunderten, die Wölbung nur nach oben besteht. Soweit die Zeichnungen jedoch, und davon ist wohl auszugehen, detailgetreu angefertigt wurden, fällt aber auf, dass zwar die Grundstruktur der Stempel gleich ist, jedoch die einzelnen Stempelaufdrucke teils stark in ihrer Prägung variieren. Dies ist den Zeichnungen sehr gut zu entnehmen.
Ganz anders ist dies bei unserer Nachbildung. Grundsätzlich sind die Stempel hier sehr gleichmäßig in der Intensität. Ein Grund könnte sein, dass die Prägungen nicht mit standfesten Metallpunzen (wie bei unserem Modell) aufgebracht wurden, sondern mit Hartholzpunzen. Holzpunzen (unbehandelt) haben nach eigener Erfahrung den Nachteil, dass sie sich nach 5-10 Schlägen mit Wasser vollsaugen und erst wieder trocken müssen. Vielleicht wurden daher mehrere verschiedene Holzpunzen im Wechsel verwendet, die naturgemäß zwar alle ähnlich, aber nicht identisch waren...
Die horizonlal verlaufenden Lederstreifen haben neben dem Zweck der Zierde auch noch eine praktische Funktion, indem sie die Messerscheide insgesamt stabilisieren. Neben einer wohl aufgekommenden Modeerscheinung, kann dies auch ein Grund für die Verwendung sein.
Das Leder wurde feucht um das Messer (welches zum Schutz vor der Feuchtigkeit modern in Frischhaltefolie eingewickelt wurde) gelegt, dann mit einem Falzbein in Form gestrichen und mit einer offenen Abschlussnaht "vorgenäht". Das überschüssige Leder habe ich dann mit meinem Ledermesser entfernt und die Naht wieder aufgetrennt. Erst danach wurde die Färbung mit gelösten Eisensulfat, wie auch bei einem unserer rechteckigen Lederbeutel, vorgenommen und mit einer extra für dieses Messer angefertigte Punzen die Stempelprägung aufgebracht, um den Messergriff nicht versehentlich mit einzufärben.
Der Riemen erhielt ebenfalls eine Stempelprägung mit einem eigens hergestellten Stempel. Da ich ich sehr knauserig mit Material bin, habe ich den Riemen aus einem breiten Lederstreifen geschnitten, den ich längst teilte und dann an den kurzen Enden wieder vernähte. Unschön war dann aber die Verbindung mit der Stoßnaht. Da wir zufällig gerade einige Gürtelbeschläge gekauft hatten, habe ich einen Messingbeschlag als "Blende" über die Naht gesetzt. Zum Schluss wurde das Leder noch mit Bienenwachs eingelassen, wodurch die Scheide weiter stabilisiert und nunmehr einen leichten schwarzen Glanz erhalten hat.
(Eigene Fertigung, Zeit, ca. 12 Stunden, Herstellung der Punzen nicht eingerechnet)